Der Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber chemischen Pflanzenschutzmitteln und dem Krebsrisiko steht weltweit im Mittelpunkt zahlreicher umfangreicher Studien. Eine langfristige und hochdosierte Exposition gegenüber Pestiziden erhöht nachweislich das Risiko, an Krebs zu erkranken. Pestizide bestehen aus vielen verschiedenen chemischen Verbindungen, von denen einige als karzinogen eingestuft sind.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) listen mehrere Pestizide als „wahrscheinlich krebserregend“ (probably carcinogenic to humans) oder „krebserregend“ (carcinogenic to humans).
Laut der IARC-Klassifikation gehören insbesondere Organochlorverbindungen wie DDT zu den gefährlichsten Stoffgruppen. Sie sind in der Umwelt hoch persistent, reichern sich im Körper an (Bioakkumulation) und werden als karzinogen eingestuft – vor allem im Zusammenhang mit Leberkrebs und Lymphomen.
Organophosphate, bekannt für ihre Wirkung auf das Nervensystem, werden teilweise ebenfalls als wahrscheinlich krebserregend angesehen. Insbesondere Malathion und Diazinon wurden in wissenschaftlichen Studien mit einem erhöhten Risiko für Nicht-Hodgkin-Lymphome (NHL) in Verbindung gebracht. Auch Carbamate, das Herbizid Glyphosat und bestimmte Fungizide werden als potenziell krebserregend eingestuft.
Diese Stoffe stehen im Verdacht, das Risiko für Nicht-Hodgkin-Lymphome, Lungenkrebs, Prostatakrebs und Hirntumore zu erhöhen.
Krebsarten mit der stärksten Verbindung zu Pestiziden
Lymphome und Nicht-Hodgkin-Lymphome (NHL): Diese gehören zu den am stärksten mit Pestiziden assoziierten Krebsarten. Vor allem bei Landwirten und landwirtschaftlichen Arbeitern wurde eine erhöhte Inzidenz festgestellt. Eine Meta-Analyse von 2019 zeigte, dass die Exposition gegenüber Organophosphaten und Organochlorverbindungen das Risiko für Nicht-Hodgkin-Lymphome um 30–40 % erhöht.
Prostatakrebs: Pestizidexposition steht besonders bei männlichen Landwirten im Zusammenhang mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko. Die US-amerikanische Agricultural Health Study berichtete über eine erhöhte Inzidenz von Prostatakrebs bei Personen, die bestimmten Pestizidtypen ausgesetzt waren.
Lungenkrebs: Fast alle Pestizidpartikel, die über die Atemwege aufgenommen werden, erhöhen das Risiko für Lungenkrebs.
Hirntumore: Pestizide wirken nicht nur neurotoxisch, sondern werden auch mit der Entstehung von Hirntumoren in Verbindung gebracht. Besonders bei kindlichen Hirntumoren wird der Einfluss der Umwelt-Pestizidexposition als signifikanter Risikofaktor diskutiert.
Besonders gefährdete Gruppen
- Landwirte und landwirtschaftliche Arbeiter: Personen, die Pestizide direkt anwenden oder auf kontaminierten Feldern arbeiten, bilden die am stärksten gefährdete Gruppe für pestizidbedingte Krebserkrankungen.
- Ältere Menschen: Aufgrund geschwächter Stoffwechsel- und Immunsystemfunktionen sind sie gegenüber den toxischen Wirkungen von Pestiziden anfälliger, was das Krebsrisiko erhöht.
- Schwangere Frauen und Föten: Pestizidexposition kann die Entwicklung des Fötus beeinträchtigen, zu Fehlbildungen führen und das spätere Krebsrisiko erhöhen.
- Kinder: In Entwicklungsphasen reagieren Menschen besonders empfindlich auf Umweltgifte. Pestizide können das Nervensystem schädigen, Lernstörungen, Verhaltensprobleme und ein erhöhtes Krebsrisiko verursachen. Studien zeigen einen starken Zusammenhang zwischen Pestizidexposition und Kinderleukämie sowie Hirntumoren.
Chronische Pestizidaufnahme
Eine langfristige, niedrig dosierte Pestizidexposition führt durch die begrenzte Fähigkeit des Körpers, Chemikalien zu metabolisieren, zu Bioakkumulation in den Geweben. Dies kann DNA-Schäden, hormonelle Störungen und eine Schwächung des Immunsystems verursachen – Prozesse, die die Entstehung von Krebs begünstigen.
Epidemiologische Studien belegen, dass der langfristige Verzehr von Lebensmitteln mit Pestizidrückständen – selbst nach gründlichem Waschen – das Risiko insbesondere für hormonabhängige Krebsarten (z. B. Brustkrebs, Prostatakrebs) und hämatologische Krebserkrankungen (z. B. Leukämie, Lymphome) erhöht.
Selbst wenn die Rückstände unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen, kann die Dauer der Exposition in Kombination mit der individuellen Abwehrlage ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Quellen
- Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC): https://www.iarc.who.int/
- University of Nebraska Medical Center: Kindheitskrebs und Pestizidexposition – https://usrtk.org/healthwire/pesticide-exposure-linked-to-childhood-cancers
- ScienceDirect: Pestizidexposition und Kinderleukämie – https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2214750024002233
- BMC Medicine: Nicht-Hodgkin-Lymphome und Pestizide – https://bmcmedicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12916-022-02348-7
- Beane Freeman L.E.: Pestizidexposition und Prostatakrebs – https://ehp.niehs.nih.gov/doi/10.1289/EHP484
- Pérez-López F.R.: Niedrig dosierte Pestizidexposition und Brustkrebs – https://www.mdpi.com/1660-4601/16/18/3231
- Mostafalou S., Abdollahi M.: Zusammenhang zwischen chronischen Krankheiten, Krebs und niedrig dosierter Pestizidexposition – https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0041008X17301290